Interview mit Master of Wine Caro Maurer zum Weltfrauentag

Von Petra Naubert, Neuseeland Weinboutique

 

Bild: Caro Maurer, Master of Wine

 

Ein Gespräch mit Caro Maurer, der ersten deutschsprachigen Master of Wine, über die wahrscheinlich schwierigste Weinprüfung der Welt, Gleichberechtigung in der Weinbrache und neuseeländischen Wein.



Caro, Du hast als erste Frau aus dem deutschsprachigen Raum die vielleicht weltweit schwierigste Weinprüfung beim Institute of Masters of Wine bestanden und den begehrten Titel Master of Wine erhalten. Was war Dein Antrieb?

Ganz einfach: Ich wollte lernen.  Es ist mir schon immer leicht gefallen, über Essen zu schreiben. Bei Wein war das anders. Ich wollte lernen, ihn zu verstehen. So habe ich zunächst mit dem Weindiplom des Wine and Spirit Education Trust (WSET) angefangen. 2005 habe ich das Weindiplom als beste deutsche Absolventin abgeschlossen und dadurch eine Reise nach London gewonnen. Darin eingeschlossen war auch ein Besuch bei dem Institute of Masters of Wine, was mich fasziniert hat. Denn bei Wein gab und gibt es noch viel mehr zu lernen. Doch zunächst war ich nach dem Lernen fürs Diplom ziemlich ausgebrannt und wollte erst einmal eine Pause machen.

Nach zwei Jahren habe ich mir dann gedacht: “Jetzt gehe ich es an, stehenbleiben ist nicht das Richtige für mich.“ So habe ich mir den größten Luxus geleistet und mich mit Mitte 40 auf den Master of Wine vorbereitet.


Es kommt sicherlich nicht von ungefähr, dass es weltweit bislang nur 312 Master of Wine gibt. Was ist das Schwierige an dieser Prüfung?

Anders als die Deutschen sind die Engländer traditionell kein weinproduzierendes Land. Für sie ist das Wichtigste, die Qualität und den Wein in seiner Persönlichkeit einzuschätzen. Deshalb ist die Ausbildung umfassender als alles andere. Und genau diese Breite des Wissens ist die Schwierigkeit.

Zunächst hat man eine theoretische Prüfung in vier Fächern:  Weinbau, Kellertechnik, Wein-Business sowie Aktuelle Themen. Das war für mich die größte Herausforderung. Dann folgt die Praxis mit Blindverkostung von jeweils 12 Weißweinen und Rotweinen. Bei der dritten Verkostung kann alles dabei sein. Der dritte Teil schließlich ist ein Forschungsprojekt. Bei mir ging es um die Klassifikation der Ersten Lage in Deutschland.

Das Studium dauert mindestens drei Jahre bis man fertig ist. Doch das ist eine völlige Untertreibung. Von ca.70-90 Studenten meines Jahrgangs haben es 2 innerhalb der Zeit geschafft. Ich war der dritte Absolvent des Jahrganges nach 4 Jahren. Im Schnitt benötigt man 5 Jahre. Schließlich macht man das Studium nebenher und ist Ende 20 bis Ende 40 Jahre alt.


Was hat sich nach dem Abschluss geändert?

Viel: geistig und finanziell und sozial. Es muss nach all dem Aufwand auch am Ende etwas dabei rauskommen, obwohl ich erst mal nicht wusste was das sein wird. Doch dadurch, dass ich die erste Frau im deutschsprachigen Raum war, hatte ich einen hohen Aufmerksamkeitswert. So habe ich neue Angebote und Möglichkeiten erhalten. Zum einen habe ich herausgefunden, dass ich sehr gut Weinverkostungen moderieren und Wissen vermitteln kann. Und zum anderen habe ich zwar auch schon vorher auf professionellem Diplom-Niveau unterrichtet allerdings kamen nach dem Abschluss hier nun auch die Master of Wine Studenten hinzu. Inzwischen bin ich dort sogar im Ausbildungskomitee, eine Tätigkeit, die ich sehr befriedigend finde und die mir sehr viel Spaß macht.


Nur 92 Master of Wine, also knapp 30%, sind Frauen. Kannst Du Dir vorstellen, warum es nicht mehr sind?

Wenn man auf die Managementebene mit 5-6% Frauenanteil sieht, sind 30% doch sehr hoch! Man muss zudem bedenken, dass es das Studium erst seit 1955 gibt. Und die erste Frau machte 1970 ihren Abschluss.


Hm, so betrachtet hast Du damit Recht.

Schau, in meinem Jahrgang haben sogar mehr Frauen als Männer abgeschlossen.  Die Diskussion über den Frauenanteil wird in England nicht geführt. Dort ist es selbstverständlicher. Und ich bin davon überzeugt, dass es sich in Zukunft weiter ausgleicht.

Ich bin nun 52. Über die letzten 30 Jahre war es sicherlich schwierig und ich war die erste Generation mit einer Karriere und ohne Kinder. Doch hinter mir kommen weiter Frauen und es wird sich ganz normal ergeben.

Für mich gab es nur Vorteile, Frau zu sein, nie einen Nachteil. Vielleicht dadurch, dass ich eine Ausnahmeerscheinung war. Ich bin sehr dankbar angenommen worden.


Du bist Weinjournalistin. Meinst Du, Du schreibst anders über Wein als Deine männlichen Kollegen?

Nein, ich schreibe genauso, manchmal sogar unpoetischer als mancher meiner männlichen Kollegen. Meine Idee von einer Weinbeschreibung ist es, dass sie jeder auf der Welt verstehen kann. Deshalb gehe ich eher sachlich, individuell an eine Weinbeschreibung ran. Und grundsätzlich bin ich für eine volle Gleichberechtigung auch für Männer. So finde ich es eine Diskriminierung zu sagen, dass Frauen besser verkosten als Männer.

 

Du hast Dich intensiv mit neuseeländischem Wein beschäftigt. Wie schätzt Du die Weine ein?

Neuseeländische Weine haben ein durchgängig gutes bis sehr gutes Niveau. Es gibt kaum Massenweine mit wenig Charakter.  Neuseeland hat ähnliche klimatische Voraussetzungen wie Deutschland und produziert kühle, frische Weine, in Waipara sogar mit relativ niedrigem Alkohol. Und diese Frische ist eine gefragte Stilistik, die in den nächsten Jahren sicher noch zunehmen wird.

Was noch hinzukommt ist, dass ich Neuseeland liebe. Es ist ein Land, wo ich ankomme und mich direkt wohlfühle. Die Gesellschaft ist mir vertraut. Ein sicheres, wunderschönes Land, in dem ich auch als Frau alleine reisen kann. Zudem gefällt mir die gelassene Art der Neuseeländer.
 

 

Neuseeländische Winzerinnen wie beispielsweise Helen Masters von Ata Rangi, Outi Jakovirta von Julicher Estate oder Trudy Sheild von Waimea Estate sind mit ihren Weinen sehr erfolgreich. Gibt es einen weiblichen Stil bei der Weinherstellung?

Nein. Vielleicht haben Frauen manchmal mehr Mut zum Experiment als Männer. Von der Qualität her macht es wenig aus. Doch das für mich derzeit Spannendste, was aus Neuseeland kommt, sind die Weine von Tongue in Groove. Sie werden von Lynnette Hudson gemacht, die ehemalige Kellermeisterin von Pegasus Bay. Die Geschäftsführerin ist Angela Clifford. Sie beweisen sehr viel Mut.


Wenn Weintrinker hierzulande neuseeländischen Wein kennen, ist es mit ziemlicher Sicherheit ein Sauvignon Blanc. Hast Du unter den Weinen aus Neuseeland eine Rebsorte entdeckt, die Dich besonders begeistert?    

Riesling.

Ich glaube, dass der neuseeländische Riesling in Deutschland völlig unterschätzt wird. Natürlich macht Deutschland tolle Weine. Doch die Deutschen haben oft die Einstellung: „Riesling that’s us!“. Neuseeland hat mich schwer beeindruckt. Das Land hat eine ähnlich kühles Klima wie Deutschland. Die Rieslinge sind ein bisschen offener in der Frucht, etwas tropischer.


Vielen Dank.

Gern geschehen.



Über Caro Maurer
Die Weinjournalistin Caro Maurer arbeitet seit 1994 freiberuflich und schreibt über Themen rund um Essen und Wein unter anderem in der Wochenendbeilage des General-Anzeigers in Bonn und für die Magazine Der Feinschmecker und Fine – Das Weinmagazin. 2011 hat sie als erste deutschsprachige Frau die Prüfung des Institute of Masters of Wine zum Master of Wine bestanden und gehört damit einem exklusiven Zirkel von weltweit angesehenen Weinkennern an. Caro Maurer ist als Jurorin bei internationalen Wein-Wettbewerben aktiv und moderiert Präsentationen und Weinverkostungen, leitet Seminare und Workshops und unterrichtet zudem angehende Weinakademiker und Master of Wine. Die gebürtige Allgäuerin ist eine leidenschaftliche Schafkopfspielerin und lebt mit ihrem Mann Ulrich Bumann in Bonn.

Mehr Informationen über Caro Maurer finden Sie auf Ihrer Homepage www.caromaurer.de.

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