13 Fragen an Master of Wine Janek Schumann

Von Petra Naubert, Neuseeland Weinboutique

 

Janek Schumann, Master of Wine

Bild: Janek Schumann, Master of Wine

 

"Neuseeland hat eine strahlende Zukunft"

Ein Interview mit einem der drei neuen deutschen Master of Wine, Janek Schumann, über den mühsamen Weg zum begehrten Titel, guten Wein und das Spannende an neuseeländischen Weinen.


Janek, wann hast Du Dich entschieden, Wein zum Beruf zu machen?

Anfang der 90er in Bordeaux. Eigentlich war ein Badeurlaub geplant. Ich blieb aber im Hinterland stecken, da mich die Weine faszinierten. Inzwischen war ich rund 50 Mal im Bordeaux. Von dort aus habe ich zunächst Frankreich entdeckt, dann die restliche Weinwelt.

 

Welche Weinländer haben es Dir heute besonders angetan?


Frankreich ist nach wie vor ein großer Schwerpunkt von mir. Doch wenn du den Weg des Masters of Wine  gehst, ist es das Prinzip, dass du Generalist bist. Sonst bestehst du es nicht. Wenn du nur Profi in einem Weinland bist, hast du keine Chance. Da ist es essenziell, die bedeutendsten Weinländer in der Tiefe zu kennen. Frankreich spielt immer noch eine große emotionale Rolle für mich. Natürlich auch Deutschland. Daneben finde ich aber auch Spanien, Portugal, Australien und Neuseeland extrem spannend.



Das war schon ein weiteres Stichwort. Du bist seit September 2015 einer von acht deutschen Master of Wine. Warum hast Du Dich entschlossen, die Ausbildung zum Master of Wine zu machen?

Gute Frage. Ich habe das Diploma in Wine & Spirits an der Weinakademie Österreich absolviert und mit Auszeichnung abgeschlossen. Nach der Prüfung kam das Institute of Masters of Wine auf mich zu.

Das war vorher nicht unbedingt in meinem Fokus. Aber als Master of Wine hat man die Möglichkeit, rumzukommen, Leute kennenzulernen und sein Wissen auf ein anderes Level zu bringen.



Wie lange hat es gedauert?

2008 bin ich eingestiegen und 2015 bestand ich mit dem Research Paper den letzten Teil des Examens.  Also knapp 8 Jahre. 2-3 Jahre habe ich allein gebraucht herauszufinden, wie man das Ganze bestehen kann. Am Anfang musst du das System verstehen und das Lernen wieder lernen. Jeder hat eine eigene Infrastruktur für jeden Tag. Die musst du von einen auf den anderen Tag über den Haufen werfen - alles was Geschäft oder Freunde angeht. Ich musste mich komplett neu organisieren.


Was war für Dich die größte Herausforderung während der Ausbildung?

Es war nie die Verkostung. Für Viele ist es ja der praktische Teil des Examens, für mich war es jedoch nicht so. Ich komme aus dem Weinhandel und habe die letzten 20 Jahre ständig Weine probiert. Das hat mir geholfen.

Es war tatsächlich der Theorieteil. Die vier Tage, in denen man die verschiedenen Essays schreibt. Die Ausbildung ist global und so muss man hier ein Thema aus ganz verschiedenen Perspektiven beleuchten. Um die Essays zu bestehen, muss Du ein Thema aus verschiedenen Perspektiven betrachten und mit praktischen Beispielen unterlegen. Zur Vorbereitung habe ich über Jahre hinweg mit Leuten in verschiedenen Ländern und Positionen diskutiert, um deren Sichtweisen kennenzulernen. Dazu kommt ein enormer Zeitdruck in der Prüfung – pro Essay hast Du eine Stunde Zeit. Man muss extrem strukturiert sein. Anders kann man es nicht schaffen, sondern vertrödelt nur Zeit.

Ich hatte zudem die Hürde, dass ich vor der Ausbildung kein Wort Englisch sprach. In der Schule war nach Russisch, Französisch meine zweite Fremdsprache. Eine Sprache von Grund auf nebenher noch zu lernen, das ist wirklich taff. Englisch ist aber essenziell.


Wie sieht nun Dein Alltag als Master of Wine aus?

Obwohl man die Prüfung geschafft hat, ist es eher ein Anfang. Die Anforderungen sind höher, eine Spur schärfer. Man muss immer up-to-date sein. Als Master of Wine muss man möglichst immer einen kleinen Vorsprung. Das macht es aber spannend.

Für mich ist es also nicht ruhiger geworden. Im Alltag mit meinem eigenen Unternehmen hat sich nicht geändert. Zusätzlich mache ich jetzt einiges für die Weinbauregion Sachsen. Ich bin hier geboren und es ist schön, dass ich dazu beitragen kann, sächsischen Wein bekannter zu machen.


Beurteilst Du Wein nun anders als vorher?

Schon. Wirklich analytischer, ich bin schneller mit meinem Urteil.

Bei der praktischen Master of  Wine Prüfung hat man pro Wein 10 Minuten Zeit, um die Fragen zu beantworten. Das heißt, man hat 2 Minuten Zeit, um den Wein zu probieren und zu analysieren.

In der Beurteilung eines Weines haben sich für mich außerdem die Prämissen verschoben. Die Aromatik eines Weines spielt für mich nicht mehr die entscheidende Rolle, wie es früher einmal war.


Was macht für Dich einen sehr guten Wein aus?

Über diese Frage könnten wir einen Tag debattieren. Ein Wein muss Struktur besitzen, einen roten Faden haben. Wichtige Kriterien sind für mich Frische und Eleganz und nicht unbedingt das letzte Quäntchen Extrakt. Ich mag eher schlankere Weine – Weine mit Energie und Finesse. Ein weiteres wichtiges Kriterium - insbesondere bei Rotwein -  ist das Potential für Flaschenreife. Mich faszinieren reife Weine – insofern spielt da auch eine gehörige Portion persönliche Vorliebe mit.


Viele deutsche Weintrinker geben eher ungern mehr als 10-15€ pro Flasche aus. Warum sollten sie es aus Deiner Sicht dennoch tun?

Zunächst muss man festhalten, dass es schon in diesem Segment verdammt viele gute Weine gibt, z.B. deutschen Weißwein. Aber es ist eben nur ein Ausschnitt. Es gibt spannende und höchst individuelle Weine, die noch mehr bieten und leider auch mehr kosten. Mini-Erträge oder hohe Bewirtschaftungskosten können Gründe für einen höheren Preis sein. Ohne die Akzeptanz im Markt würde es viele dieser Weine und Weinberge nicht mehr geben.


Gibt es eine Rebsorte, die Du persönlich am liebsten magst?

Ich muss mich da jetzt wirklich auf eine festlegen? Ehrlich gesagt, mag ich so viele Rebsorten.  Und ständig entdeckt man neue Rebsorten, wenn ich nur an meine letzten Reisen nach Georgien oder Süditalien denke. Bei den Classics fasziniert mich vor allem Pinot Noir. Also hat Burgund mittlerweile etwas die Nase vorn, obwohl Bordeaux mein Einstiegsgebiet war. Das Coole an der Weinwelt ist aber eben die Vielfalt. Es gibt so viele spannende Rebsorten, mit denen man bisher kaum in Berührung gekommen ist. Zur Zeit sind portugiesische Rebsorten wie Alvarinho, Bical oder Encruzado einige meiner Favoriten. Aber natürlich auch Riesling. Wiegesagt, es gibt so unendlich viel.

Es ist leichter zu beantworten, ob es Rebsorten gibt, die ich überhaupt nicht mag: Dornfelder zum Beispiel.


Wie kamst Du zu neuseeländischem Wein?

Eigentlich über den Umweg Australien. Ein Teil der Familie meiner Frau ist vor 50 Jahren nach Australien ausgewandert. Wir waren einige Male da. Und von da aus ist der Sprung nach Neuseeland nicht weit. Die erste intensive Auseinandersetzung mit neuseeländischen Weinen fand dort statt. Das hängt auch damit zusammen, dass es bis vor 10-15 Jahren nur wenig wirklich interessante Weine bei uns gab. Es waren nur die großen Brands, deswegen kam ich erst in Neuseeland mit kleineren Weingütern und deren Weinen in Berührung.

2007 war ich das erste Mal in Neuseeland. Die Zeit haben wir dazu genutzt, Neuseeland überhaupt erst mal zu verstehen. Vom Klima, von den Böden. Meine Frau und ich haben dort eine Menge Weingüter besucht und ein Verständnis der völlig verschiedenen Anbaubedingungen in Neuseeland aufgebaut. Ich denke, Neuseeland versteht man nur, wenn man dort war, es gesehen und gespürt hat.


Ja, es eröffnet eine ganz andere Perspektive. Was ist für Dich das Besondere an neuseeländischen Weinen?

Neuseeland hat das Potenzial eine unheimliche Vielfalt zu produzieren. Natürlich ist der Sauvignon Blanc das Aushängeschild. Damit hat Neuseeland die Welt erobert. Doch ich finde die Welt jenseits von Sauvignon Blanc sogar spannender – Chardonnay zum Beispiel. Neuseeland hat das Potential wirklich große Weine aus Chardonnay hervorzubringen. Da müssen sich manche Burgunder warm anziehen.

Interessant finde ich auch rote Blends im Bordeaux Style. Die sind für mich oft spannender als viele Pinots. Dazu kommt Schaumwein. Da gibt es Hammersachen. Und das Potential ist noch lange nicht ausgereizt. Dieses Riesen-Potential ist eigentlich das Besondere an Neuseeland. Ich bin mir sicher, dass Neuseeland eine strahlende Zukunft hat und wir uns auf aufregende Weine freuen können. Ich persönlich freue mich schon auf meine nächste Reise, ....


Die Spargelzeit beginnt. Hast Du einen Tipp zur Abstimmung Wein und Spargel?

Wie immer kommt es bei der Kombi von Essen und Wein auf die Zubereitung und Beilagen an. Generell sind für mich bei Spargel zwei Komponenten im Wein wichtig: Aromaintensität und Säure. Beides sollte nicht zu ausgeprägt sein, das heißt aromatisch dezente Weine mit mittlerer Säure sind sicherlich gute Allrounder. Grundsätzlich ermutige ich aber jeden, abseits von Silvaner & Co auch mal andere Weine zu probieren und neue Kombinationen zu entdecken.

Zum Beispiel: Wenn man beim Spargel mit frischen Kräutern arbeitet, passt durchaus ein Sauvignon Blanc aus Neuseeland. Aufgrund seiner Textur und frischen, aber nicht zu hohen Säure passt er besser als beispielsweise sein französisches Pendant aus Sancerre. Also, auch die Herkunft kann durchaus ein Entscheidungskriterium sein. Spannend finde ich zu Spargel auch Weine aus den französischen Alpen, Süditalien oder Georgien. In Georgien findet man viele weiße Rebsorten mit einer wunderbaren Floralität, was super zum Spargel passt. Einer meiner dortigen Favoriten ist Mtsvane – eine Rebsorte, die in der Region Kakheti tolle Weine hervorbringt.

Zu grünem Spargel kann es durchaus auch ein Rotwein sein, z. Bsp. ein fruchtbetonter Pinot Noir oder ein Beaujolais. Logischerweise spielen aber bei der Verbindung von Speisen und Wein persönliche Vorlieben eine wichtige, wenn nicht sogar entscheidende Rolle. Ich bin kein Freund von Dogmen und „verordneten“ Kombinationen – der eigene Geschmack entscheidet am Ende über die Auswahl des Weines.



Vielen Dank für das Gespräch.

Sehr gerne.



Über Janek Schumann

Nach einer Karriere in der Finanzbranche wechselte Janek Schumann 2003 in die Welt des Weines. Er absolvierte das Diploma in Wine and Spirits (WSET) und eröffnete die auf Feine Weine spezialisierten Weinhandlung LA VINOTHEQUE in Freiberg und das Restaurants DIE WEINWIRTSCHAFT in Lichtenwalde bei Chemnitz. Außerdem arbeitet Janek Schumann freiberuflich als Dozent für verschiedene Unternehmen und Institutionen, u.a. für die BIONORICA SE und die IHK in Chemnitz. Nach dem Bestehen der wohl schwierigsten Weinprüfung der Welt ist er seit September 2015 einer von acht deutschen Master of Wine.
 

 

Back to Top
Smarty-Exception: Unable to load template 'file:/xtCore/boxes/box_tracking.html'